"DIE STIMMUNG" IM BETT
Über Sex reden macht die Stimmung kaputt?
Was genau ist denn "diese Stimmung"?
Sie ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Obwohl wir genau wissen, wenn wir sie fühlen (oder sie in einem Film/im Fernsehen sehen).
Es ist eine Art Energie oder Chemie, ein Gefühl des gegenseitigen Verlangens, eine geteilte Hoffnung, dass irgendetwas sexuelles passieren könnte. Sie ist schwer zu fassen, und wirkt (vielleicht auch deswegen) für viele eher wie Magie.
Was schwer zu greifen ist, ist auch schwer aktiv/bewusst zu erzeugen. Verschiedene Versuche mit Kerzen, Spitzenunterwäsche etc. sind nicht zuverlässig erfolgreich.
So ungefähr wird sie in Büchern/Filmen gerne beschrieben:
Die Stimmung war von leiser Spannung durchzogen, ein wortloses Verstehen lag in der Luft. Jeder Blick, jede Berührung war geladen mit Vorfreude, langsam aufgebautem Verlangen und tiefer Verbindung. Die Welt schien stillzustehen – nur noch Haut, Wärme und Nähe zählten.
Die Atmosphäre knisterte, beinahe greifbar vor Verlangen. Ihre Körper fanden sich in einer Dynamik, die alles andere ausblendete – intensiv, ungestüm, voller Dringlichkeit. Es war kein Zögern mehr, sondern ein Sich-verlieren im Moment.
Klingt toll!
Und so, als ob das wortlos entsteht,* wenn man nur gut zusammen passt, alles stimmt oder man ein:e gute:r Liebhaber:in ist.
(*selbst wenn man sich das erste Mal intim begegnet...)
Oft konzentrieren wir uns weniger darauf, wie wir "die Stimmung" entstehen lassen und erhalten können.
Wir sind eher damit beschäftigt, uns zu sorgen, dass wir sie "kaputt" machen könnten.
Wenn sie einmal verloren ist, fürchten wir, dass sie für immer weg ist.
Ein Probleme mit dieser Vorstellung von "der Stimmung" ist, dass wie wir uns ihr gegenüber ausgeliefert fühlen: Als sei es weniger unsere Aufgabe, sie zu gestalten, sondern eher sie nicht zu beeinträchtigen.
Wie geht "die Stimmung" denn überhaupt "kaputt"?
Viele würden sagen, dass sie in dem Moment verloren oder "kaputt" geht, wenn wir uns sichtbar unsicher/awkward fühlen oder peinlich berührt sind. Wenn dieser automatische Flow weg ist und man sich schämt oder gehemmt miteinander fühlt.
Das ist unangenehm! Man nicht weiß nicht, wie man wieder zurück in "die Stimmung" findet. Auch die sexuelle Erregung kann darunter leiden.
Also bemühen wir uns, sie nicht zu stören. Indem wir kein Wort sagen und nicht nachfragen. Indem wir uns so verhalten, dass es bestmöglich so abläuft wie in den Sexszenen in Filmen. Indem wir uns darum bemühen so auszusehen, als ob wir uns amüsieren.
Anstatt uns darum zu kümmern, dass wir eine Erfahrung machen, die wir wirklich genießen können.
Indem wir Bedingungen schaffen, die uns ein sicheres Gefühl geben und dafür sorgen, dass wir eine erfüllende, einvernehmliche Erfahrung machen.
Und das geht nur, wenn wir miteinander sprechen. Denn jeder Mensch, jeder Körper und jede sexuelle Begegnung ist anders. Wir können nicht riechen, telepathisch erraten oder an der Körpersprache eindeutig ablesen, was der anderen Person gefällt.
Also fang damit an, dich für das Wohlbefinden und den Genuss deines/r Gegenübers ernsthaft zu interessieren! Indem du nachfragst!
Das bedeutet nicht, dass du ein:e schlechte:r Liebhaber:in bist. Im Gegenteil. Niemand weiß intuitiv, was ein anderer Mensch gerade toll findet und die Nachfrage zeigt, dass du dich ernsthaft für seinen Genuss interessierst.
Erlaube dir, die Magie und die Neuartigkeit zu spüren, die mit sexueller Spannung einhergehen und gleichzeitig mutig genug zu sein, nachzufragen, bevor wir z.B. jemanden an intimen Körperstellen berühren.
UND: Wenn die Frage nach Konsent die Stimmung ruiniert, dann ist nicht die Stimmung fragil, sondern dein/euer Ego.
Für wen "die Stimmung" davon abhängt, dass er/eie nicht weißt, ob sich die andere Person gerade amüsiert oder sicher fühlt, dann verdient man die "die Stimmung" nicht!
"Die Stimmung" solltest du nie auf Kosten deiner Sicherheits- und Wohlbefindens, deines Vergnügens oder deiner Würde simulieren müssen.
Du hast etwas Besseres verdient! Und deine Partnerperson auch!